Kandolf Josef sen.

1937-1947

Kommissär Josef Kandolf 1937 – 1947
geboren am 12. August 1894 als Sohn des Valentin Kandolf, Kaufmann in Tamsweg und seiner Frau Anna, geb. Eßl

verheiratet seit dem 10. September 1918 mit Maria, geb. Scharfetter
gestorben 1976

Beruf: Kaufmann
Kinder: Marianne, Sepp, Martha, Romana, Karl

1937

Am 1. Jänner versammelten sich im großen Festsaal des Herbergwirtes Johann Lüfenegger, Platzbräu in Tamsweg um 8 Uhr abends die Vereinigten zum Andingen. Der große Saal war fast zu klein, um die Leute alle zu fassen. Herr Kommissär Widmayer wünschte allen Vereinigten ein recht glückliches Neujahr und verlas die Namen der im letzten Jahr verstorbenen Mitglieder, und es erhoben sich zum Zeichen der Trauer die Anwesenden von ihren Sitzen. Nachdem die Regierungszeit des Kommissärs abgelaufen war, übergab derselbe den Vorsitz Herrn Vital Esl als Alterspräsident, welcher die Wahl einen neuen Kommissärs einleitete. Nach mehreren Wahlvorschlägen wurde Josef Kandolf, Kaufmann in Tamsweg, einstimmig zum Kommissär gewählt und von den Junggesellen zum Kommissärstisch getragen. Der neu Gewählte übernahm den Vorsitz, und es wurde beschlossen, auch im heurigen Jahre, wo sich das Fest zum 200sten Male jährt, den Jahrtag besonders feierlich abzuhalten.

1938 – Festtag

Nach Beendigung des Gottesdienstes wurde wieder in die Herberge marschiert, wo dann die Vereinigten-Auflage, für die Verheirateten
S 2;- und für die Ledigen S 1;- einkassiert wurde.

1939

Am 16.1. war das hohe Fest der Vereinigten. Um 10 Uhr vormittags Zusammenkunft beim Grössingbräu, dann wurde mit Musikbegleitung in die Kirche marschiert. Hernach wurde die Auflage bezahlt. Die Junggesellen marschierten, um die große Kerze der Vereinigten Junggesellen zu holen.

1940

Am 1. Jänner 1940, es war im Krieg, wurde im Gastzimmer des Grössingbrau das Vereinigten Andingen abgehalten. Statt einer Neuwahl musste sich der Vereinigtenkommissär Josef Kandolf verpflichten, auf die Dauer des Krieges die Kommissärsstelle weiterzuführen. Es wurde durch Erheben von den Sitzen der im Jahre 1940 verstorbenen Mitglieder gedacht. Es wurde dann beschlossen, den Vereinigten im heurigen Jahr am Sonntag, dem 14. Jänner zu feiern. Am 13., Samstag, war eine Vereinigtenvesper, bei der es recht gemütlich herging. Am Sonntag waren die Vereinigten zum Auflagezahlen um 10 Uhr vormittags beim Grössing im Saal erschienen. Vor dem Festessen war eine Weihestunde, sehr feierlich, und es sprachen er Kreisleiter Dr. Menz und Handwerksmeister Martin Gugg. Das Eintopfessen war sehr gut, und auch das Getränk fand riesigen Absatz.

1941

Die Junggesellen waren nur mit einer Person vertreten, da die meisten eingerückt sind. Das Andingen dauerte bis halb 12 Uhr, und es war recht gemütlich. Am Sonntag, dem 19. Jänner war das hohe Fest der Vereinigten. Um halb zehn Uhr am Vormittag war ein Segenamt für die Vereinigten. Um 10 versammelten sich die Vereinigten in der Herberge.

1942

Auf dem Junggesellentisch machte sich das dritte Kriegsjahr stark bemerkbar, da die meisten Junggesellen zur Kriegsdienstleistung eingerückt sind. Es wurde beschlossen, am 11. Jänner, am Eintopfsonntag, ein gemeinsames Mittagessen einzunehmen. Beim Andingen war es trotz des Krieges recht gemütlich, und wir saßen bis 11 Uhr nachts beisammen.
Am 11. Jänner war ein Gottesdienst in der hiesigen Pfarrkirche für die Vereinigten und nach demselben wurde in der Herberge die Vereinigtenauflage bezahlt.

1943

Am Neujahrstag abends um 8 Uhr versammelten sich die nicht eingerückten Vereinigten in der Herberge beim Grössing in Tamsweg.
Am 17. Jänner wurde der Vereinigte gefeiert. Um halb 10 Uhr vormittags war für die Vereinigten ein Gottesdienst. Um 10 Uhr war der Ausmarsch von der Herberge zum Hause des Kommissärs, wo mit Pferdegespann die Vereinigten-Lade feierlich abgeholt wurde.
Abends war ein gemütliches Beisammensitzen in der Herberge, und es spielte zur Auffrischung der Stimmung eine Schrammelmusik. durch Versteigerung von Küssen an Mädchen und Frauen wurde für das Winterhilfswerk der schöne Betrag von 310;- Reichsmark gespendet. Es war recht kameradschaftlich und erst nach Mitternacht verließen die Anwesenden in guter Stimmung die Veranstaltung,  um sich für den nächsten Tag wieder gut auszuschlafen.

1944

… am 16.1. um halb 10 Uhr war ein Gottesdienst für die Vereinigten. Um zehn Uhr versammelten sich dann die Vereinigten in der Herberge, m in Musikbegleitung die Zunfttruhe vom Hause des Kommissärs abzuholen.

1945 – Dieser Eintrag stammt von Paul Keusch, Vereinigten-Kassier

Nach alter Vätersitte versammelten sich am 1. Jänner 1945 zahlreiche Tamsweger zum Andingen beim Grössing. Freilich waren der nur wenige, und die Grauköpfe überwogen. Nach der üblichen Begrüßung gedachte der Kommissär Josef Kandolf der im Jahr 1944 aus dem Leben geschiedenen Vereinigten. Es sind dies: Die im Felde Gefallenen oder in Militärspitälern verstorbenen Sepp Ferner, Santner Mathias, Hohensinn Sepp und Weilharter Willibald und der im Landeskrankenhaus Salzburg verstorbene Mehlhartlmüller Johann Santner. Ehre ihrem Andenken!
Selbstverständlich wurde die Abhaltung des Jahrestages nach altem Brauch beschlossen, natürlich mit Hinweglassung des Balles und des Maschgeratages.
Am 12. Jänner wurde, diesem Beschluss entsprechend, der Jahrtag in üblicher Weise begangen. Ein stattlicher Zug bewegte sich vom Herbergslokal zur Kirche zum Amt für die lebenden und verstorbenen Vereinigten. Nach Beendigung des Gottesdienstes holten wir beim Kommissär die Vereinigtentruhe im feierlichem Zuge ab und führten diese in die Herberge. Nachher war Auflagezahlen und um 12. Uhr das gemeinsame Mittagessen, das trotz Krieg und Fleischmarken gut besucht war und wo das von der Herbergsmutter Gebotenes recht gut schmeckte. Ungeachtet des kriegsbedingten Alkoholmangels gingen eine Anzahlt ganz echter Vereinigter Hausieren und sollen einigen ganz gute Erfolge – die Stimmung anbelangend – erzielt haben. Abends war dann noch ein gemütliches Beisammensein mit Musik und Damen, das ziemlich lange dauerte.
Verlief der Vereinigte 1945 lustig und gemütlich wie immer, so brachte das Frühjahr 1945 wohl die bewegteste Zeit, die der Lungau und mit ihm Tamsweg je erlebt hatte.
Schon im Februar 1945 zeigte es sich, dass der Krieg seinem Ende entgegengehe; im März und April überstürzten sich die Ereignisse, der Kriegsschauplatz verlagerte sich auf den Boden Österreichs, und tausende von Flüchtlingen aus Wien, Niederösterreich, Steiermark und Ungarn überschwemmten unsern Gau. Ende April und Anfang Mai schien es, als sollte der Lungau Etappengebiet werden; in und um Tamsweg schanzte der Volkssturm und wir waren auf Kämpfe in unsrer Heimat gefasst. Da brach schlagartig am 8. Mai die deutsche Widerstandskraft zusammen, dass Herr ergab sich, und vom 8. Mai mittags an begann der Rückzug der deutschen Armee durch den Lungau, der pausenlos Tag und Nacht mehr als eine Woche dauerte. Tamsweg und Umgebung war überschwemmt von Soldaten, Kraftwagen, Pferden und Fuhrwerken. Dazu kamen zahlreiche Ungarn und Steiermärker, die vor den rasch nachrückenden Russen flohen. Wer diese Tage nicht selbst erlebt hat, kann sich wohl keine Vorstellung von dem Leben und Treiben in Tamsweg während dieser Zeit machen. In der Nacht vom 9. auf den 10. März kamen dann britische Truppen und bannten so die Gefahr, dass Tamsweg von den Russen besetzt werden könnte. (Die Russen drangen bis zur Murbrücke bei Scheifling und hielten dann viele Wochen lang das nördliche Murufer bis zum Pölstale besetzt.) Dafür mussten wir aber zusehen, wie auf dem ,mit gebrochenen Kraftfahrzeugen voll gepfropften Marktplatz, französische und jugoslawische Kriegsgefangene unter Aufsicht der Engländer die deutschen Soldaten entwaffneten! Da die Engländer den Tauern für die rückflutenden deutschen Heeresmassen absperrten, stauten sich diese im Lungau und wurden in zahlreichen Lagern untergebracht, die sich in der Hauptsache von der Zinsbrücke bis Unternberg erstreckte. Vom 10. Mai bis gegen Ende Juni hatte der Lungau, der für gewöhnlich ungefähr 14.000 Einwohner besitzt, an Bevölkerung aufzuweisen: Einheimische etwa 14.000, Flüchtlinge 6.000, Wehrmachtsangehörige 72.000, zusammen also gegen 92.000 Menschen, wozu noch die englische Besatzung kam. Außerdem hatte die Wehrmacht und Flüchtlinge gegen 18.000 Pferde mitgebracht, die im ganzen Lungau alles kahl fraßen, sodass die wenigsten Besitzer von einer Heuernte reden konnten. Erst Ende Juni 1945 begann der Abtransport von Soldaten und Pferden, während die Flüchtlinge erst August und September in ihre Heimat zurückkehrten. Gegenwärtig – d.i. 17.11.1945 – sind noch gegen 1.700 Flüchtlinge im Gau, etwa 150 Soldaten der amerikanischen Regenbogendivision halten Tamsweg besetzt, und ein amerikanischer Gouverneur regiert uns. Der Zusammenbruch des Heeres führte natürlich auch den der N.S.D.A.P mit sich und auch in Tamsweg wurden mit geringen Ausnahmen alle Stellen und Ämter neu besetzt. Österreich ist wieder frei und selbstständig geworden, aber es hat schwere Zeiten mitgemacht und noch viel schwerere wird es ertragen müssen. Trotzdem eben kann Tamsweg und der Lungau von ganz großem Glück reden, es hätte noch viel schlimmer kommen können. Gebe Gott, dass kein Vereinigtenkommissär mehr von so schlimmen Tagen schreiben muss und Tamsweg und mit ihm alle Vereinigten nun wieder gute und fröhliche Tage erleben mögen!
F.d. abwesenden Kommissär
Paul Keusch, Vereinigtenkassier

1946

Leider konnte ich in diesen Tagen als Kommissär den Jahrtag der Vereinigten nicht selber mitfeiern, da ich diese Zeit im Konzentrationslager in Wolfsberg als Internierter der Engländer verbringen musste.
… Besonders am Feste der Vereinigten weilten meine Gedanken bei meinen lieben Vereinigten in Tamsweg. Es hat mich sehr gefreut, dass auch während der Zeit meiner Abwesenheit der Vereinigten-Jahrtag recht festlich gefeiert wurde. Den Verlauf der Vereinigten dieses Jahres wird anschließend mein altbewährter Vereinigtenkassier Sparkassendirektor Paul Keusch berichten.

Ab hier schreibt wieder Paul Keusch
Tamsweg, den 17. April 1946
Wenn auch in Tamsweg am 1. Jänner 1946 von friedensmäßigen Verhältnissen kaum gesprochen werden konnte, versammelten sich doch abends in der Herberge eine ungewöhnlich große Zahl Alter und Junger zum Andingen unter dem Vorsitze des Altkommissärs Andrä Widmayer. Altkommissär Widmayer gedachte zuerst der im Jahre 1945 aus dem Leben geschiedenen Vereinigten. Es starben: Altkommissär Josef Tarmann, dann der Senior der Vereinigten Josef Bauer (93 Jahre), Ferner Matthias Eder (durch viele Jahre Levit), Leopold Stoff, Anna Hegenbart, Alois Maier, gew. Malermeister, und Maria Binngl. Gefallen oder in Gefangenschaft gestorben sind 1945: Ferdinand Ertl. jun., Georg Schitter jun., und Anton Lankmayer. Möge allen die Erde leicht sein.
Beim Andingen wurde einstimmig beschlossen, den Vereinigten am 22. Jänner 1946 samt Ball aber ohne Maschgerazug abzuhalten und dem entsprechenden wurde auch am oben genannten Tag der Vereinigte unter einer noch nie da gewesenen Beteiligung nach altem Brauche abgehalten. Am Kirchgang beteiligten sich über 200 Vereinigte, beim gemeinsamen Mahl dürften nicht viel weniger teilgenommen haben. Da der Grössingsaal von den amerikanischen Gruppen belegt war, wurde uns dieser Saal vom Truppenkommandanten für 5 Stunden zur Verfügung gestellt und nahmen am Mahl außer dem Gouverneur auch die drei Offiziere der Truppe teil. Beim Mahl gedachte der Vereinigtenkassier der alten Vereinigten Georg Bock sen. und Paul Winkler, die durch mehr als 50 Jahre dem Vereinigten zugehören.
Der am Abend stattfindende Ball wies einen Massenbesuch auf, der das Tanzen fast unmöglich machte, umso mehr als die Turnhalle, in der er stattfand, nahezu keine Nebenräume besitzt. Wenn auch offiziell kein Maschgeratag gefeiert wurde, so hielten nicht wenige Vereinigte diesen Tag in Ehren und feierten weiter. Anlässlich der Feier der Siebenhundertjährigen Angehörigkeit des Marktes Tamsweg zum Lande Salzburg haben die Vereinigten sich in vorbildlicher Weise am großen Festzug am 6. Oktober 1946 beteiligt. Sie stellten außer den Gewerbewagen, die Goldenen Hochzeit und eine Reihe von Gruppen, die Lungauer Sagen darstellend, und selbstverständlich fuhren Kommissär, Altkommissäre, Bischof und Leviten mit. auch das Faschingsrößl und die Bären rückten aus, Russen- und Bandl-, dann die Reiftänzer zeigten ihre Kunst.
Ganz sind die Hoffungen des Vereinigtenchronisten 1946 nicht in Erfüllung gegangen, vieles bleibt auch zu erhoffen, aber der Vereinigte hat auch 1946 in alter Frische und Unverwüstlichkeit durchgestanden.
Tamsweg am 31. Dezember 1946
Paul Keusch Vereinigtenkassier (seit 1922)

1947 – auch diese Eintragung stammt von Paul Keusch

Konnte die Zahl der Vereinigten, die beim Andingen 1946 anwesend waren, mit Fug und Recht als „ungewöhnlich groß“ bezeichnet werden, so waren am 1. Jänner 1947 noch weit mehr Vereinigte beim Grössing zum Andingen versammelt.
Altkommissär Georg Hochleitner gedachte in Vertretung des abwesenden Kommissärs der im Jahre 1946 verstorbenen Vereinigten Ludwig Bliem und Ferdinand Wiederkofler, konnte dann aber berichten, dass der 1945 tot gemeldete Vereinigte Schitter jun. sich wieder gemeldet hatte. Dass ein Vereinigter, der bereits als verstorben galt, sich wieder als lebend meldet, ist in der mehr als zweihundertjährigen Geschichte der Vereinigten wohl noch nie vorgekommen.
Der Jahrtag wurde sodann am 21. Jänner in althergebrachter Weise abgehalten, zum Kirchgang beteiligten sich mehr als 200 Vereinigte, und beim Mahl fanden fast nicht alle Platz. Auch der abendliche Ball war, obwohl auf Vereinigte und deren Angehörige beschränkt, sehr gut besucht. Auch einen Maschgerazug, allerdings in zeitbedingter Ausführung, gab es, sodass niemand behaupten konnte, der Vereinigte sein nicht nach Väterbrauch abgehalten worden.